Zwischenruf zur Corona Pandemie
Liebe alle,
die Ihr uns engagiert, warnend, enttäuscht, ermutigend, mitfühlend schreibt, vielen Dank dafür!
Dies veranlasst mich, Euch ebenfalls einige Überlegungen mitzuteilen, wobei ich den meisten Ausführungen für das eine und gegen das andere (aktuell geht es um 2 G+ oder 3 G+) gar nicht widersprechen, sondern nur einige Erfahrungen aus Seminarorganisationsperspektive hinzufügen möchte.
Um es vorneweg zu sagen: nicht WISL entscheidet, welche Regeln bzgl. Impfungen und Hygienemaßnahmen gelten, sondern politische Entscheider und unsere jeweiligen Vermieter/Hausherr*innen:
- Unsere Vermieterin im WISL ist das Krankenhaus. Hier gelten ab sofort 2G+ , darauf haben wir keinen Einfluss.
- bei Vermietern außerhalb gilt derzeit noch 3G+. Die Anmietung dieser Räume muss zusätzlich zu unseren festen Raumkosten im WISL erbracht werden.
- einige unserer Referent*innen haben als Vorrausetzung für ihr Präsenzseminar ebenfalls 2 G+ angegeben, unabhängig von den gerade geltenden Vorschriften von außen.
Völlig unabhängig davon, ob wir (je nach Veranstaltungsort und Referentin) 2G+ oder 3G+ Regeln ausrufen, sagen TeilnehmerInnen zum Teil ganz kurzfristig ab, jeder und jede mit jeweils guten Gründen. Wenn wir die einen zulassen, fühlen sich andere in ihren Interessen nicht berücksichtigt und umgekehrt.
„Eindeutigkeit“ und (vermeintliche) Fairness bringen bisher am ehesten Online- Seminare, auf die die meisten Institute, die wir kennen, fast komplett umgestiegen sind. Hier können auch Erkrankte oder Personen in Quarantäne teilnehmen, das Ansteckungsrisiko ist definitiv ausgeschlossen, riskante Raum- und andere Organisationsaktionen entfallen.
Aber seit Beginn der Pandemie ist uns das Wichtigste, ein Präsenzinstitut zu bleiben, in dem Beratung und Therapie mit realem Kontakt gelernt werden kann.
Dieser Idee bleiben wir treu: Wir wollen den Zwischen -Raum - konkret und metaphorisch gemeint- offen halten, in dem sich innere und äußere Realitäten treffen, aufeinander treffen, sich widersprechen oder gleichschwingen können. Ein Raum, in dem es möglich sein soll, individuelle und gesellschaftliche Missstände oder „Fehl“ -entwicklungen zu benennen und die Differenzen auszuhalten, ohne andere Positionen abzuwerten.
Deshalb versuchen wir in der Organisation der Präsenzseminare flexibel zu bleiben. Wo es vom Kontext her Spielräume gibt, entscheiden -wie auch sonst!- die jeweiligen Referent*innen, unter welchen Bedingungen sie gut arbeiten können.
Wegen Corona und dem Zug der Zeit werden manche Seminare online unterrichtet. Für manche Themen hat sich das als hervorragende Methode erwiesen, manchmal ist es eine vorübergehende Notlösung.
Flexibel zu bleiben hat einen Preis: Es gibt keine Beruhigung für alle, es gibt auf viele Fragen keine „vernünftigen“ Antworten, und trotzdem sind situativ Entscheidungen
notwendig. Gleichzeitig halte ich es für gefährlich, wenn Begegnungsräume für unterschiedliche Meinungen und Haltungen verloren gehen und wenn wir uns dem Kampf um Deutungshoheiten anschließen würden.
Für Euch Teilnehmende bedeutet das: Innerhalb des ohnehin engen Spielraums werden die Seminarbedingungen mal so und mal so und mal ganz anders sein. Es wird mal mehr nach den einen, mal eher nach den anderen gehen und wir als Veranstaltende können uns nur wünschen, dass ihr unsere Entscheidungen mittragt und euch bzgl. Eurer Teilnahme klar entscheidet – sei es für ein ja (ich melde mich an, auch wenn die Bedingungen für mich nicht ideal sind) oder nein (ich melde mich nicht an, versuche aber, gute Gründe für die Entscheidungen zu unterstellen).
Lasst uns versuchen, nicht gleich von Spaltung zu reden, wenn wir als Interessensgruppe mal nicht berücksichtigt werden können oder wenn wir unterschiedlicher Meinung sind.
Die Offenheit dieses Prozesses und die Aufrechterhaltung von Präsenzseminaren bringt uns manchmal an die Grenzen des organisatorisch Möglichen, und ohne Anke Dipper im Organisationsbüro hätten wir diese Grenzen schon öfter überschritten (Danke Anke!).
Wir bleiben zuversichtlich, dass wir gemeinsam die aktuellen, unterschiedlichen Strömungen aushalten und weiterhin versöhnend und integrierend miteinander umgehen, wie der Teilnehmer in einem Seminar, der zu einer Kollegin sagte: „Ich bin Impfarzt, du willst Dich nicht impfen lassen. Lass uns Freunde bleiben.“
Diana Drexler
01. Februar 2022